Frauen

zurück


Brüssel, 6. März 2002


Konferenz des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit
anlässlich des Internationalen Frauentages 2002:

"Frauen für eine humane und gewaltfreie Gesellschaft"


Der Internationale Frauentag 2002 wurde am 6. März im Europaparlament in Brüssel mit einer besonderen Veranstaltung gefeiert. Der Ausschuss für die Rechte der Frau und Chancengleichheit lud unter dem Motto "Frauen für eine humane und gewaltfreie Gesellschaft" zu einer internationalen Konferenz. Neben VertreterInnen der Europäischen Union diskutierten auch Frauen aus dem Iran, Palästina und Ägypten über die Situation der Frauen zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Diese Situation ist alles andere als zufriedenstellend. Gemäss dem Motto der Veranstaltung waren die zentralen Diskussionspunkte der Konferenz Gewalt gegen Frauen und die Probleme der Frauen, die unter undemokratischen und fundamentalistischen Regimen zu leiden haben. Besonders aktuell werden diese Themen vor dem Hintergrund der Fälle von Safiya Husseini und Abok Alfa Akok, die beide von islamischen Gerichten wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilt wurden.

Gewalt gegen Frauen beschränkt sich jedoch nicht nur auf Länder, in denen die Menschenrechte nicht besonders grob verletzt werden - sie ist auch keine Frage von Religion, Kultur oder ethnischer Zugehörigkeit. So sind auch noch immer viel zu viele Frauen in der Europäischen Union mit einem "Puzzle der Gewalt" konfrontiert. Momentan beschäftigt sich die Spanische EU-Ratspräsidentschaft mit drei Teilen dieses Puzzles: mit häuslicher Gewalt, sexueller Gewalt und Gewalt am Arbeitsplatz. Im Hinblick auf die letztgenannte Form der Gewalt wird die Änderung der Richtlinie für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich der Beschäftigung, die zur Zeit vom Rat und dem Parlament besprochen wird, wichtige Neuerungen bringen: erstmals werden juristische Mittel zur Verfügung stehen, um gegen sexuelle Belästigung anzukämpfen.

In ihrer Begrüssungsrede brachte die Vorsitzende des Ausschusses für Frauen und Chancengleichheit, Anna KARAMANOU, einige der schlimmsten Formen der Gewalt gegen Frauen zur Sprache: Frauenhandel (meist verbunden mit Zwang zur Prostitution), Genitalverstümmelung, "Ehren-Morde" in einigen islamischen Gemeinschaften, die Todesstrafe durch Steinigung sowie Vergewaltigung, Folter und andere Übergriffe im Zuge bewaffneter Konflikte.

In Belgien gab es vor kurzem wieder einen tragischen Fall von Gewalt gegen Frauen: Mitte Jänner fielen in Belgien zwei Frauen und sechs Kinder häuslicher Gewalt zum Opfer. Für Laurette ONKELINX, belgische Vizepremier-, Arbeits- und Sozialministerin muss gesetzlich daher wirksam gegen häusliche Gewalt vorgegangen werden. Derzeit gibt es noch zu wenig polizeiliche Hilfe bei Konflikten in der Familie.
Oft werden Auseinandersetzungen, auch wenn sie mit körperlicher Gewalt ausgetragen werden, als Ehestreit und damit als "interne Familienangelegenheit" abgetan. Eine Verbesserung dieser Situation könnte ein EU-weites "Wegweiserecht" nach österreichischem Vorbild sein.

Die schwierige Lage der Frauen in Palästina schilderte Samia BAMIEH, Mitglied des Verwaltungsrates der Generalunion palästinensischer Frauen. Ein besonders schwerwiegendes Problem ist die hohe Arbeitslosigkeit. In den palästinensischen Gebieten herrscht zudem eine grosse Bildungskluft zwischen Jungen und Mädchen. In Folge werden Frauen und Mädchen immer stärker aus dem sozialen Leben in "traditionelle Bereiche" zurückgedrängt. Ausserdem leben sie in ständiger Unsicherheit und Angst vor Übergriffen durch Soldaten oder Siedler. Für Simone SÜSSKIND-WEINBERGER von "Actions in the Mediterrean" ist es in diesem Zusammenhang dringend erforderlich, dass Frauen an der Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes teilnehmen. Zur Zeit sind keine Frauen in die Verhandlungen zwischen Isreaelis und Palästinenser eingebunden.

Auch in Tunesien werden die Menschenrechte der Frauen grob missachtet, wie die tunesische Journalistin und Abgeordnete zum Nationalrat Sihem BENSEDRINE, deutlich machte. Redefreiheit und Versammlungsrecht werden mit Füssen getreten, die Polizei geht bei Demonstrationen gewaltsam gegen Frauen vor. Bensedrine prangerte auch an, dass die EU in Bezug auf diese unhaltbare Situation keine Reaktion zeigt.

Die ägyptische Schriftstellerin Nawal EL SAADA WI appelierte an die TeilnehmerInnen, weltweit im Sinne einer "Globalisierung von unten" zusammenzuarbeiten - denn es gibt keine "Erste", "Zweite" oder "Dritte" Welt. Wir alle leben auf ein und derselben Welt. Nicht unsere Unterschiede, sondern unsere Gemeinsamkeiten sollten an erster Stelle stehen, um zusammen für die Verbesserung der Situation der Frauen zu kämpfen und unsere Welt ein wenig gerechter zu machen.