Prets: "Europäische Kulturpolitik
muss als horizontaler Ansatz durch alle Politiken gehen"
Wien (SK) - Die Vielfalt der europäischen Kulturen müsse "gefördert,
verteidigt und gesichert" werden, betonte SPÖ-EU-Abgeordnete Christa
Prets am Freitag, 19. März 2004, in einem Europagespräch zum Thema
"Vielfalt und Differenz: Brauchen wir eine europäische Kulturpolitik?".
Es sei wichtig, für Kultur zu "kämpfen und sie stark zu machen",
denn sie
falle uns nicht in den Schoß, appellierte Prets und ergänzte, dass
Kultur keine Ware sei, die in GATS und WTO miteinbezogen werden könne.
Weitere DiskutantInnen bei der Veranstaltung im Renner-Institut waren die
Grünen-EU-Abgeordnete Mercedes Echerer,
Heinrich Neisser (Jean-Monnet-Professor für "Politik der Europäischen
Integration" am Institut für Politikwissenschaften der Universität
Innsbruck),Andreas Stadler (Politologe und Direktor des österreichischen
Kulturforums Warschau) und Stefan Nowotny (Philosoph
und Vorstandsmitglied des eipcp - European Institute for Progressive Cultural
Policies).****
Gerade im Zusammenhang mit der bevorstehenden Erweiterung der Europäischen
Union, die "neue Außengrenzen" mit sich bringe und wo "unterschiedliche
Systeme aufeinanderstoßen und völlig andere Kulturen zu nahen Nachbarn
werden", sei ein neuer Umgang mit der Vielfalt der Kulturen notwendig,
sagte Prets. "Soziale und ethnische
Unterschiede müssen aufgearbeitet und zusammengeführt werden."
Die kulturelle Vielfalt dürfe dabei nicht "eingesperrt werden",
zeigte sich Prets überzeugt: "Es muss ihr Luft gegeben werden, so
dass sie sich auch entwickeln kann." In einer europäischen Kulturpolitik
sei ein "horizontaler Ansatz" notwendig, der die unterschiedlichsten
Bereiche erfassen könne.
Zur Erhaltung der kulturellen Vielfalt müssen "Schutzmechanismen"
eingefordert werden, so Prets. Die UNESCO etwa arbeite an einem internationalen
Rechtsinstrument mit einer Kommission zur Sicherung der kulturellen Vielfalt
und in der europäischen Verfassung sei die Wichtigkeit der Wahrung der
nationalen und regionalen Vielfalt der Kulturen festgehalten. "Aber ihre
Sicherung ist darin nicht unterstrichen", kritisierte sie. Es sei auch
sehr schwierig, eine einheitliche Definition von Begriffen wie "kulturelle
Vielfalt" zu finden, die dann als Grundlage der Rechtssicherheit fungieren
könne, betonte die EU-Abgeordnete die allgemeine Problematik der Begriffsbestimmung,
die auch von Stadler und Nowotny thematisiert wurde.
Unisono mit den DiskutantInnen Echerer und Neisser übte Prets auch explizit
Kritik an der "Arroganz des Westens" gegenüber dem Osten. Prets
erinnerte sich: "Als die Leute aus dem Osten kamen, lautete die Reaktion
oft, dass die doch Deutsch lernen sollen - das haben sie
dann auch getan." Wir hingegen hätten uns kaum Ostsprachen angeeignet,
doch wenn wir einen gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraum wollen,
dann müssten wir auch die Sprache verstehen, brachte sie das Manko auf
den Punkt. "Wenn wir uns in der Arroganz
sonnen, dann haben wir einiges versäumt."
Es gebe zwar einen "Österreicher" oder einen "Deutschen",
denen verschiedene Eigenschaften nachgesagt werden, aber "den einheitlichen
Europäer gibt es nicht", sagte Prets. Die gemeinsame Richtung in
der Europäischen Union gehe dahin, den Frieden zu sichern, betonte Prets
auf eine Anmerkung aus dem Publikum. Das Friedensprojekt Europa habe "positive
Zeichen" gesetzt und könne auch aus einem positiven Blickwinkel
betrachtet werden, so Prets abschließend: "Wir leben schon lange
Zeit in Frieden."
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