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Prets: "Kulturelle Vielfalt ist keine Ware"


Wien (SK) - "Kulturelle Vielfalt hat eine große Bedeutung, wir müssen uns ihres Reichtums bewusst sein und sie besonders behandeln", betonte SPÖ-EU-Abgeordnete Christa Prets (Kultursprecherin der Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten) am Donnerstag bei einer Diskussionsveranstaltung der Österreichischen Gesellschaft für Kulturpolitik zum Thema "Globalisierung versus kulturelle Vielfalt in Europa". Für kulturelle Dienstleistungen bestehe die große Gefahr, dass sie wie herkömmliche Dienstleistungen im Rahmen der WTO über das GATS-Abkommen den Regeln des freien internationalen Handels unterworfen werden, so Prets. Es diskutieren außerdem: Hubsi Kramar (Regisseur, Produzent, Schauspieler), Ruth Picker (Attac Österreich), Trautl Brandstaller (Journalistin) und Angela Pfister(Volkswirtschaftliches Referat des ÖGB).*****

"Der Kultur darf man keine Schranken geben", unterstrich Prets. Eine im Februar abgehaltene Eurostat-Umfrage habe ergeben, dass für 28 Prozent der EU-Bevölkerung die Wahrung der kulturellen Vielfalt eine große Bedeutung habe. "Was passiert, wenn unsere Nachbarn Mitglieder der europäischen Union sind, was passiert mit unserer Kultur und gibt
es dann den so genannten kulturellen Einheitsbrei?", diese Fragen waren für Prets der Zugang zu einem von ihr verfassten Bericht zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Vielfalt. Ein weit gespannter Bogen also, von der regionalen Auseinandersetzung mit dem Thema Kultur bis hin zu GATS/WTO.

Zwar beinhalte Artikel 22 der "Charta der Grundrechte der Europäischen Union" die Achtung der Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen, und auch mit Artikel 151 habe sich die EU vertraglich dazu verpflichtet, die nationale und regionale Vielfalt zu wahren, dennoch sei die Frage der Sicherung mit keinem Wort erwähnt, kritisierte Prets. Gerade deshalb sei Artikel 3 des Verfassungsentwurfs des EU-Konvents, welcher das Eintreten der für den Schutz der kulturellen Vielfalt einfordert und die europäische Kommission, sowie die Mitgliedstaaten verpflichten soll, bei der bei der Schaffung eines Rechtsinstrumentes zum Schutz der kulturellen Vielfalt eine aktive Rolle zu übernehmen, von besonderer Wichtigkeit,
so Prets.

Das Mandat der UNESCO, welches die Inangriffnahme einer Konvention über die kulturelle Vielfalt ermöglicht, sieht die SPÖ-EU-Abgeordnete als "den richtigen Weg". Kultur sei keine Ware, sondern ein Gut, das anders zu behandeln sei, als herkömmliche Konsumgüter, bekräftigte Prets. "Eine Verstärkung der internationalen Vernetzung ist notwendig, um bessere Ziele bei GATS- und WTOverhandlungen zu erreichen", so Prets.

Auch in Forschung und Bildung werde viel zu wenig investiert, kritisierte Prets. Sie bedauerte, dass sich Österreich immer mehr von den selbstgesteckten Lissabonner Zielen, nämlich, aus der EU bis 2010 den wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, entferne. "Überall wird bei der
Bildung gekürzt und zu wenig in die Forschung investiert, Forscher wandern in die USA aus", zeigte Prets auf. "Wir sollten uns davor hüten, Bildung und Kultur auf den Markt zu bringen", warnte Prets. Pfister betonte, dass die Ungleichheit zwischen Industrie- und
Entwicklungsländern, aber auch in den jeweiligen Ländern selbst, mit steigender Liberalisierung größer geworden sei. "Vertreter der WTO und der meisten Regierungen meinen, dass durch die Liberalisierung des Handels bessere Lebensbedingungen erreicht werden, wir bezweifeln allerdings, dass es diesen Automatismus gibt", so Pfisters
Überzeugung. Auch im kulturellen Bereich sei es zu "Fehlleistungen" gekommen, so Pfister. Picker kritisierte, dass im Rahmen der Liberalisierung der Märkte profit- und wirtschaftliche Interessen starke Priorität hätten und Kultur in den Bereich der Verwertung geschoben werde. Picker sieht vor allem auf der kulturpolitischen Ebene Probleme: "nationalstaatliche Möglichkeiten Kulturbereiche unter GATS zu schützen, geraten in Gefahr". Kramar kritisierte das vorherrschende Informationsdefizit. "Jeder von uns ist aufgerufen, sich zu informieren, wir müssen verstehen, dass wir die Mehrheit sind, nur so können wir etwas erreichen".